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Sonntag, 23. Januar 2011

Vietnam Calling


Für Vietnam muss man gerüstet sein. Schon den Amerikanern wurden so manche Tücken zum Verhängnis. Ich sage nur „Apocalypse Now“. Was aber macht man, wenn der kleine Mann in der vietnamesischen Botschaft sich beharrlich weigert, ans Telefon zu gehen? Denn: Ohne Botschaft kein Visum.

Eine Typhusimpfung rechts, Hepatitis A und B in den linken Arm, so fing die Woche an. Doch das waren bei weitem nicht die einzigen Vorkehrungen. Angefangen von der weihnachtlichen Jagd nach einer geeigneten Fleecejacke, kaufte ich da ein, wo ich sonst nie hingehe, kaufte Dinge, von denen ich nicht wusste, dass sie existierten. Jetzt kennen sie mich im Outdoor-Laden.

Damit den „magischen Momenten“, die der Hauskatalog verspricht, nichts im Wege steht, habe ich mich ordentlich eingedeckt. „Saloon“ statt Kulturtäschchen, Bauchtasche aus Seide, die man zwischen Höschen und Hose trägt und nicht zu vergessen der vielversprechende „Insect Shield“ Baumwollschlafsack. Da kommt so schnell keine Mücke rein.

Doch auch wenn sich mein kleines Vietnam in der Einkaufstüte ständig vergrößerte, eine Sorge blieb. Ohne Visum kein Reinkommen, so stand es im Lonely Planet, der Bibel für alle Auf-eigene-Faust-Reisenden. Der vietnamesischen Botschaft war das egal. 25 Anrufe. Hätte ich das Gebäude in Berlin nicht mit eigenen Augen gesehen, wäre ich früher kapituliert.

Okay, vielleicht machen sie Urlaub, machen die Deutschen doch auch nach Neujahr. Da sich weder auf der Homepage, noch in der Bandansage ein entsprechender Hinweis fand, versuchte ich es weiter. Jede freie Minute wählte ich diese Nummer. Sie müssen einen harten Job haben, bei der Botschaft, dachte ich mir. Vielleicht konnten sie auch kein Deutsch und der kleine Mann am anderen Ende der Leitung zuckte jedes Mal kräftig zusammen, wenn ich es läuten ließ.

Als ich durchkam, war alles ganz anders. „Guten Tag, mein Name ist Anne Schmidt, ich würde gerne ein Visum beantragen und wüsste“, weiter kam ich nicht. „In english please“, zischte es genervt vom anderen Ende der Leitung. Den kleinen Mann hatten sie bestimmt nach Hause geschickt. Im Laufe des Gesprächs wurde die Dame immer gereizter. Mein Englisch auf Knopfdruck hatte einen mächtigen Wackelkontakt. Wie lange es dauern würde, bis der Antrag bearbeitet sei, fragte ich, auch wenn das eigentlich auf der schon auf der Homepage stand. Doch statt der erwarteten „circa fünf Tage“, war vom anderen Ende nur ein rhythmisches „Mh mh“ zu hören. Was war los mit der kleinen Vietnamesin? Zum Test stockte ich, schwieg sie an. Statt zu antworten kam nur ein „Okay“, zuckersüß, aber nachdrücklich. Weil ich nichts kapiert hatte, schickte ich blitzschnell ein fragendes „Okay? hinterher“. Hätte ich besser nicht machen sollen. Denn unser Gespräch nahm ein unerwartetes Ende. „Okay, bye bye“, hörte ich sie noch sagen. Dann war sie weg. Auf das Visum warte ich immer noch.

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